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Die Schriftleitung
Leseprobe 2
Pfingsten
I. Allgegenwärtig und hochgradig ansteckend: der Heilige Geist (Apg 2,1–11; Joh 20,19–23)
Rätsel
»Was ist das? Du siehst es nicht. Du hörst es nicht. Aber es ist allgegenwärtig.« Ist es verwunderlich, wenn ich bei dieser Rätselfrage gleich an das Corona-Virus denke. In der Tat, dieses Virus ist allgegenwärtig. Du siehst es nicht. Aber es wirkt: heimlich und unheimlich. Es infiziert Menschen, macht krank, tötet. Das Virus ist unsichtbar – hochgradig ansteckend, infektiös.

Ob uns das dem näherbringen kann, den wir heute feiern, dem Heiligen Geist? Keiner hat ihn gesehen. Er ist für unsere Augen nicht sichtbar. Gibt es ihn deswegen nicht? Ist er ein Hirngespinst, eine Fantasie – wie viele Corona-Leugner uns das beim Virus weismachen wollen? Wahrhaftig nicht. Das Corona-Virus führt uns anschaulich vor Augen: Es gibt Kräfte, die siehst du nicht, die hörst du nicht, aber sie sind da und wirken – mächtig! So ähnlich stelle ich mir den Heiligen Geist vor: An seiner Wirkung kann ich ihn erkennen. Und welche Wirkung zeigt er?

Erstens: Ängstliche Männer werden mutig.
Davon erzählt die Pfingstgeschichte, die wir in der Lesung gehört haben. Die Apostel haben Angst vor den Menschen rund ums Haus, denn die haben schon Jesus ermordet. Ihnen, seinen Freunden, könnte ähnliches blühen. Darum haben sie sich eingeschlossen. Was mögen diese Eingeschlossenen gedacht und geredet haben? Irgendwann muss es ihnen doch eng geworden sein in diesen vier Wänden, von vermuteten Feinden umringt. Haben sie nur resigniert, geredet, wie bedrohlich das doch alles ist und wie traurig? Haben sie sich in ihrer Angst ausfantasiert, was geschehen wird, wenn sie die Türen aufschließen und vor das Haus gehen? Oder haben sie, zumindest ansatzhaft, versucht, ihre Angst zu überwinden, sich selbst Mut einzureden? Wir wissen es nicht. Schließlich war keiner von uns dabei. Aber es hat sich etwas getan. Das wissen wir. Nach Sturm und Feuerzungen sehen und hören wir die gleichen Männer, die sich vorher ängstlich eingeschlossen hatten, draußen, Angesicht in Angesicht mit den Menschen vor denen sie vorher Angst hatten. Und sie reden! Sie legen Zeugnis ab. Sie bekennen sich zu Christus. Was ist da geschehen?

Vielleicht trifft die Deutung eines Schülers – seine Lehrerin hat es erzählt – am anschaulichsten, was geschehen ist: »Die Jünger hatten sich im Abendmahlssaal eingeschlossen. Sie hatten Angst (der Schüler sagte »Schiss«). Da sandte Gott ihnen den Heiligen Geist und das merkten sie so: Plötzlich platzte dem Petrus der Kragen. Er schlug mit der Faust auf den Tisch und rief: ›So kann das hier nicht weitergehen!‹ Da fassten sich auch die anderen ein Herz, rissen die Türen auf, stürmten unter die Menschen und erzählten von Jesus und der Auferstehung. «

So ähnlich könnte es gewesen sein. Der unsichtbare Heilige Geist hatte die Apostel geschüttelt und brachte Leben in ihre eingeschlossene Enge. Keiner hatte den Geist gesehen. Aber seine Wirkung war umwerfend! So fing Kirche an! Darum singen wir im Hymnus: »Du schenkst uns Schwachen Kraft und Mut.«

Welche Wirkung zeigt der Heilige Geist?

Zweitens: Menschen unterschiedlicher Sprache verstehen
Staunen erfasst die Menschen, die dabei sind, gerade auch jene, die nicht die hebräische Sprache sprechen: Da reden ja Hebräer. Sie sprechen Hebräisch, nicht unsere Muttersprache. Trotzdem verstehen wir sie! Und was haben sie verstanden?

Die Worte der Apostel? Vielleicht. Ihre Gedanken? Vielleicht. Ihre Botschaft? Vielleicht. Vielleicht haben sie aber auch etwas ganz anderes verstanden: ihre Betroffenheit, ihre Ausstrahlung, ihre Begeisterung, ihren Mitteilungsdrang. Sie mussten den Inhalt gar nicht verstehen. Schließlich wussten ja alle, die sich in diesen Tagen in Jerusalem aufhielten, was geschehen war. Sie hatten auch davon gehört, dass er nicht mehr im Grab war, dass manche sogar sagten: er lebt, er ist von den Toten auferstanden. Das war ja das Gesprächsthema in ganz Jerusalem. Und dann diese Männer in ihrer Betroffenheit und Begeisterung, die keine Angst mehr hatten: das verstanden alle.

Das war eine Botschaft, die keine Worte brauchte: Den Ruck, der durch die Gruppe der Apostel gegangen war, haben sie wahrgenommen. Und sie begannen zu verstehen, was die Apostel allen sagen wollten: er lebt! Und damit lebt auch alles, wofür er gelebt hat. Die Hoffnung, die wie tot war, wird mit neuem Leben erfüllt. Das konnten die meisten über jede Sprachgrenze hinweg begreifen.

Die Apostel waren überzeugende Zeugen geworden! Da hatte der Geist gewirkt, den keiner gesehen hat, dessen Wirkung sie aber mit allen Sinnen wahrnehmen und verstehen konnten. Dieser Geist wirkte ansteckend, infizierend. Eine große Zahl von Menschen schloss sich ihnen an. Das war der Anfang: Kirche beginnt.

Welche Wirkung zeigt der Heilige Geist?

Drittens: Einfache Fischer werden zu Kirchenlehrern
Und noch etwas Unglaubliches geschieht. Ungebildete Fischer entwickeln Führungsqualitäten, ja sie werden zu Kirchenlehrern – ein Petrus, der einen beeindruckenden Brief schrieb, der bis heute zur Heiligen Schrift zählt; ein Johannes, der uns sein Evangelium geschrieben hat, aus dem wir heute, 2000 Jahre später, gehört haben. Ich muss an den Alpenbischof Reinhold Stecher aus Innsbruck denken. Er hat einmal geschrieben: »Fundamentalisten neigen dazu, dem Heiligen Geist nur eine Windrichtung vorzuschreiben, die von oben nach unten.« Bei dieser »Windrichtung« des Heiligen Geistes hätten die Apostel keine Chance gehabt! Wie gut, dass der Geist weht, wo er will, aus allen Richtungen, auch von »unten«. Darauf zu vertrauen bringt Leben ins Leben – und wie!

Zu guter Letzt:

– Die Corona-Pandemie führt uns mit großer Anschaulichkeit vor Augen: Es gibt Kräfte, die existieren, ohne dass man sie sieht. Sie sind wirkmächtig. An ihrer Wirkung erkennst du sie – so auch den Heiligen Geist

– Infektion ist tödlich, wenn sie vom todbringenden Virus kommt. Infektion lässt auf leben, wenn sie vom Heiligen Geist kommt: »Komm, Heiliger Geist, entzünde in uns das Feuer!«

– Je mehr wir uns als Kirche von den Menschen und ihrem Alltag absondern, Nabelschau betreiben und uns mit internen Macht- und Kompetenzspielchen behacken, kann die Welt auf uns verzichten. Auch heute braucht die Kirche einen Petrus, dem der Kragen platzt – vom Pfarrhaus bis hin in vatikanische Gemächer!

– Nicht zuletzt erinnere ich an ein Wort von Karl Rahner: »Den Heiligen Geist kann man nicht machen, aber man kann sich ihm verschließen!« Zum Schutz vor Corona brauchen wir Abstand und Mundschutz. Den Heiligen Geist aber können wir gar nicht nah genug an uns heranlassen!

Heribert Arens

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