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Leseprobe 1
Aschermittwoch
II. Mit allen und für alle fasten (Joël 2,2–12; 2 Kor 5,20 – 6,2; Mt 6,1–6.16.18)
»Was fastest du denn?« »Ich verzichte in diesem Jahr auf Süßigkeiten.« »Ich lasse mal den Alkohol weg.« Diesen kleinen Dialog kann man in den kommenden Tagen und Wochen so oder so ähnlich an vielen Stellen hören. Nicht nur hier in der Kirche oder nach dem Gottesdienst, sondern eigentlich überall, wo sich verschiedene Menschen treffen. Die Fastenzeit bewusst zu nutzen, ist irgendwie in. Und das auch bei Menschen, die vielleicht nicht mal getauft sind oder ihren christlichen Glauben ansonsten gar nicht leben. Die Fastenzeit scheint also eine bestimmte Anziehungskraft zu haben. Das kann man auch an den Orten merken, an denen ganz kurze Andachten am heutigen Aschermittwoch angeboten werden oder dort, wo es »Ashes to go« gibt, also einfach nur die Austeilung des Aschekreuzes, manchmal sogar in der Fußgängerzone oder auf der Straße. Da kommen dann sehr viele Menschen gerne hin und nehmen das Angebot in Anspruch, auch wenn sie sonst nie zur Kirche kommen.

Fasten und der Gedanke von Veränderung oder Umkehr scheint also gerade in der Luft zu liegen. Natürlich, da sind die hinter uns liegenden Corona-Jahre, die gezeigt haben, dass unser Leben fragil ist. Diese Jahre haben manchen Menschen auch den Anstoß gegeben, ihre Gewohnheiten noch einmal zu überdenken und sich zu fragen: Was ist wirklich wichtig in meinem Leben? Und aktuell zeigen uns Krieg, Inflation und Klimawandel, dass das Leben sich verändert. Viele mussten ihren Lebensstil bereits ändern, und andere kommen gerade noch so über die Runden. Umkehr und Neubesinnung tun da Not. Es ist klar, es muss anders werden, denn es wird anders werden. Und die Veränderungen betreffen nicht nur einige Menschen unserer Gesellschaft, sondern letztendlich alle. Niemand kann sich aus dem herausnehmen, was gerade passiert und was sich gerade bei uns verändert.

Alle Menschen guten Willens

Zu dieser aktuellen Situation passen die Worte aus der heutigen ersten Lesung: Der Prophet Joël ruft alle Menschen dazu auf, sich zu versammeln. Die Alten, die Kinder und Säuglinge, ja sogar die Brautleute sollen ihre intime Kammer verlassen, um gemeinsam zu fasten und Gottesdienst zu feiern. Die Umkehr betrifft wirklich alle Menschen, niemand ist ausgenommen, und jede und jeder wird gebraucht. Im Falle des Propheten Joël werden alle gebraucht, um Gott gnädig zu stimmen. Er soll Erbarmen haben mit seinem Volk und es nicht vernichten.

Und so passt es ganz gut, wenn auch bei uns heute Menschen fasten, die sich ansonsten eher nicht auf Gott berufen. Denn alle Menschen guten Willens werden gebraucht, um die großen und nötigen Veränderungen in unserer Gesellschaft herbeizuführen. Denn natürlich hält Gott die Welt in seinen Händen, aber als seine Geschöpfe liegt es doch auch an uns, die Welt zum Guten zu verändern. Und Paulus spricht ja in der zweiten Lesung davon, dass wir, die wir heute das Wort Gottes hören, Mitarbeiter Gottes sind. Auf uns kommt es an, auf jede und jeden kommt es an, wenn es darum geht, dass Leben für alle möglich sein soll.

Einfach tun – gemeinsam verändern


Dabei geht es gar nicht so sehr darum, immer und überall zu erzählen, wie sehr man sich für andere Menschen oder für die Welt einsetzt. Natürlich ist es gut, Dinge auszusprechen, damit sie wahr werden. Aber Jesus ruft ja seine Jüngerinnen und Jünger – und damit uns – dazu auf, eben nicht ständig vor sich herzutragen, worauf man jetzt gerade eigentlich verzichtet oder was man gerade alles Gutes tut, um die Welt zu retten. Vielmehr fordert er uns auf, uns dezent und zurückhaltend zu engagieren. Jesus spricht davon, dass die linke Hand gar nichts davon wissen soll, dass die rechte Hand gerade Almosen gibt. Er fordert uns auch auf, im Verborgenen zu beten und die Menschen um uns herum nicht merken zu lassen, dass wir fasten.

Wer sich also in für die kommenden Wochen vorgenommen hat, auf etwas zu verzichten, möge es einfach tun, ohne es überall zum Thema machen zu müssen. Denn noch wichtiger als der eigentliche Verzicht ist ja die Frage, wofür man überhaupt auf etwas verzichtet. Wer also in den nächsten Wochen auf Kaffee verzichten möchte, kann sich fragen, wem dieser Verzicht etwas bringt. Hat das Fastenopfer nur den Nutzen, sich selber am Ende gut und großartig zu fühlen, weil man sein Vorhaben durchgehalten hat, während alle anderen um einen herum unter der schlechten Laune zu leiden hatten? Oder geht es darum, ein kostbares Getränk wie Kaffee, für das viele Menschen hart arbeiten, wieder wertzuschätzen und bewusst zu genießen?

Ganz ähnliche Fragen kann man sich für alle Fastenvorhaben stellen. Denn, so sagt Jesus es im Evangelium, an Ende soll es beim Fasten ja darum gehen, einen Lohn vom Vater zu erhalten, der alles Verborgene sieht. Und so kann Gott auch der Maßstab sein, an dem man das eigene Fastenvorhaben ausrichten kann. Denn es ist gerade heute sicher angebracht, umzukehren und neue Wege einzuschlagen. Das gilt für unsere Gesellschaft ebenso wie für unsere Kirche. Aber bei all den Aufbrüchen und Versuchen soll es eben nicht darum gehen, das eigene Ego zu befriedigen oder sich selber zu feiern, sondern als Mitarbeiterin und Mitarbeiter Gottes daran mitzuwirken, dass das Reich Gottes wachsen kann.

Das mag nach einer Mammutaufgabe klingen, die für uns Menschen fast nicht zu bewältigen ist. Aber die Tatsache, dass so viele Menschen fasten und dass so viele Menschen die verschiedenen Angebote dieses Aschermittwochs nutzen, zeigt ja auch: Es sind so viele Menschen bereit, etwas zu verändern. So viele Menschen wollen neue Wege ausprobieren. Und so viele Menschen haben verstanden, dass sich etwas ändern muss, dass sie etwas ändern müssen, damit Leben in Fülle möglich wird. Diese Einsicht und die Tatsache, dass wir bei unseren Fastenvorhaben ja nie alleine sein, sondern der an unserer Seite ist, »der keine Sünde kannte, aber für uns zur Sünde gemacht wurde, damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes finden würden« (2 Kor 5,21), kann uns für die kommenden Wochen stärken. Und so möge uns diese Fastenzeit erneuern nach dem Bild Jesu, unabhängig davon, ob wir nun weniger Süßigkeiten essen, auf Alkohol verzichten oder das Auto öfter mal stehen lassen.

Kerstin-Marie Berretz

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