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Die Schriftleitung
Leseprobe 2
Dritter Fastensonntag (Joh 4,5–42)
Sich mit an den Brunnen setzen
Da ist ja einiges los im Evangelium. Gar nicht so einfach zu verstehen. Vielleicht sortieren wir dieses Kommen und Gehen mal ein wenig. Dann verstehen wir leichter, was der Evangelist Johannes hier sagen will. Ich schlage vor, dass wir drei Fragen stellen. Erstens: Was passiert hier wo? Zweitens: Was sagt Jesus? Und drittens: Was versteht die Frau, mit der Jesus spricht?

Zur ersten Frage. Jesus kommt nach Samarien. Mit den Menschen, die dort lebten, den Samariterinnen und Samaritern, wollten die Juden möglichst nichts zu tun haben. Jesus kümmert sich nicht um dieses »Mit-denen-reden-wir-nicht.« Er spricht die Samariterin an – was die Frau sehr erstaunt. Und dass er als Mann eine Frau anspricht, war ebenfalls ziemlich ungewöhnlich – was man an der Reaktion seiner Jünger merkt. Vom Schubladendenken hält Jesus offensichtlich ziemlich wenig. Feindschaft und Vorurteile sind ihm egal. Er spricht mit den Menschen.

Damit sind wir bei der zweiten Frage in unserer Sortierung: Was sagt Jesus eigentlich? Dass die Juden mit den Samaritern nichts zu tun haben wollten, hing damit zusammen, dass die Samariter Gott an einem anderen Ort verehrten als die Juden. Jesus sagt nun: Der Ort, an dem ihr Gott verehrt, spielt keine Rolle. Für Jesus ist nicht der Ort entscheidend, sondern dass Gott »im Geist und in der Wahrheit« angebetet wird. Das wiederum ist nicht so eindeutig wie ein fester Ort mit einem Tempel. Aber man könnte sagen, dass Jesus selbst zum Ort wird, an dem, oder besser: durch den Gott verehrt wird. Denn Jesus lebt ja durch und durch den Geist, man könnte sagen: die Menschenfreundlichkeit Gottes. Und in seinen Worten und Taten ist Jesus selbst die Wahrheit Gottes. Das klingt wieder ziemlich schwierig. Es ist ein Bild für etwas, das man so genau nicht sagen kann. Jesus verwendet übrigens auch gerne Bilder, die nicht so einfach sind. Er sagt zum Beispiel, dass er lebendiges Wasser gibt, das im Menschen zu einer Quelle wird, das ins ewige Leben fließt. Und später: »Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat.« Das ist nun wirklich nicht leicht zu verstehen. Aber versuchen wir es mit einem Vergleich: Wasser und Brot sind Grundnahrungsmittel, sie erhalten den Menschen am Leben.

Auch im Glauben gibt es solche Grundnahrungsmittel: Das Wasser ist der Kontakt zu Jesus, sein Wort und das Gebet zu ihm. Und das Brot ist die Frage, was Gott eigentlich in meinem Leben von mir will. Das Gespräch mit Jesus und die Frage nach Gottes Willen erhalten den Menschen im Glauben. Wir merken schon: Alles hängt an Jesus. Und damit sind wir bei der dritten Sortierungsfrage: Was versteht die Samariterin, die mit Jesus spricht? Kurz gesagt: Sie versteht, wer Jesus ist – für sie und für alle Menschen. Aber sie versteht das nicht mit einem Mal komplett, sondern Schritt für Schritt. Am Anfang stellt sie nur fest, dass Jesus ein Jude ist. (Das ist übrigens gut zu wissen, denn manche Menschen mögen Juden nicht. Aber Jesus war eben auch Jude. Und was Jesus von Schubladen denkt, haben wir ja schon gesehen.) Dann fragt die Samariterin Jesus, ob er größer als »unser Vater Jakob« sei, also größer als der gemeinsame Urahn der Juden und der Samariter. Die Frau spürt, dass Jesus ein besonderer Typ ist. Deshalb rätselt sie auch noch weiter. Als nächstes versteht sie, dass Jesus ein Prophet ist, ein von Gott beauftragter Mensch. Propheten hatte es einige gegeben. Den Messias hingegen, den Gesalbten Gottes, würde es nur einmal geben. Das weiß die Frau. Sie spricht vom Messias, der die volle Botschaft Gottes verkündigen wird. Darauf Jesus antwortet: »Ich bin es, der mit dir spricht.« Die Frau hört es, ist sich aber noch nicht ganz sicher. Als sie in die Stadt kommt, erzählt sie von Jesus und fragt: »Ob er der Messias ist?« Neugierig laufen die Menschen zu Jesus hinaus und laden ihn in ihre Stadt ein. Nachdem er zwei Tage mit ihnen gelebt und zu ihnen gesprochen hat, sagen sie über Jesus: »Er ist wirklich der Retter der Welt.«

Das ist vielleicht das Spannendste an dieser Geschichte, dass die Frau und die anderen Menschen immer mehr verstehen, wer Jesus ist: der Retter der Welt. Das klingt vielleicht ein bisschen übertrieben. Aber wenn wir es einfach mal glauben, dann ist klar: Mit dem Retter der Welt zu reden, so ganz einfach wie die Frau am Brunnen, das kann so verkehrt nicht sein. Und zusammen mit dem Retter der Welt danach zu fragen, wie Gottes Willen aussieht, ist auch keine schlechte Idee. Setzen wir uns also in Gedanken für einen Moment an den Rand des Brunnens und sprechen mit Jesus … und lernen so immer mehr, wer Jesus (für uns) ist.

Stefan Voges

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