archivierte Ausgabe 1/2012 |
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Die Schriftleitung |
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Leseprobe 2 |
Vierter Sonntag – 29. Januar 2012 |
I. Das Reich Gottes tatkräftig bezeugen (Mk 1,21–28) |
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Zielsatz: Als Getaufte sind wir berufen, das so vertraute Evangelium neu an uns heranzulassen und tatkräftig zu bezeugen.
Theologie statt Sensationsmeldung Dass sich der Ruf Jesu schnell im ganzen Gebiet von Galiläa verbreitet, ist nicht verwunderlich. Denn so eine Dämonenaustreibung ist spektakulär – eine Sensation. Eine solche Geschichte verbreitet sich in Windeseile – ganz von allein – durch bloße Mund-zu-Mund-Propaganda. Dazu braucht es keine Bildzeitung und keine … (Lokale Zeitung einsetzen) – auch kein Fernsehen oder Internet. Doch anders als viele Nachrichten und Pressemitteilungen hat unser Evangelium Langzeitwirkung. Immerhin ist die Erzählung bis zu uns gekommen. Allein das könnte Hinweis genug sein, dass es hier nicht um eine spektakuläre Meldung geht. Dem Evangelium geht es nicht um Sensation sondern um Gotteskunde – um Theologie. Die entfaltet das Markusevangelium auch in unserem heutigen Text in gläubiger Sorgfalt.
Auslegung der Heiligen Schrift … Mit der heutigen Textstelle stehen wir am Anfang des Markus-Evangeliums, das uns in diesem Jahr an den meisten Sonntagen begleiten wird. Der soeben gehörte Abschnitt steht im ersten Kapitel. Zuvor hat Markus die Botschaft Jesu mit einem einzigen Satz zusammengefasst. Dieses Programmwort ist den meisten von uns vertraut: »Das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium.« Für Markus ist das der Kern der ganzen Verkündigung Jesu. Im Anschluss an dieses Wort folgt die Berufung der ersten Jünger. Und dann kommt unser Text. Mit der Dämonenaustreibung tritt Jesus zum ersten Mal an einem konkreten Ort auf – in Kafarnaum nämlich. Dort lebt er jetzt. Dort ist er nun zu Hause. Also geht er dort auch in die Synagoge und lehrt. Nichts Besonderes soweit, denn zur Zeit Jesu hatte ein jüdischer Mann das Recht, zu dem Text, der aus der Tora gelesen wurde, seinen Kommentar und seine Deutung abzugeben. So wurde ein lebendiger Beitrag zum Verständnis des Wortes Gottes für die jeweilige Zeit geleistet. Doch zumeist beschränkte man sich auf das, was die großen Schriftgelehrten schon dazu gesagt hatten. Wenn Markus nun ausdrücklich sagt, dass Jesus nicht wie einer der Schriftgelehrten redet, sondern wie einer, der göttliche Vollmacht besitzt, dann ist das nicht primär Kritik an den Schriftgelehrten, sondern dient dem Herausstellen der Besonderheit Jesu. Er wiederholt nicht nur, sondern er deutet den Text in eigener und überraschender Weise. Seine Autorität leitet er nicht daraus ab, dass er sich auf die Großen der Schriftauslegung beruft. Doch der Evangelist sagt nicht, was Jesus lehrt. Das braucht er auch nicht. Denn im Grundsatz hat er es schon mitgeteilt – nämlich mit dem bereits erwähnten programmatischen Satz am Anfang des Evangeliums: »Das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an die Frohe Botschaft.« Das ist der Inhalt der Verkündigung Jesu. Alles, was danach im Evangelium folgt, ist quasi Auslegung dieser Aussage.
… nicht nur mit Worten Sicher ließe sich viel darüber theoretisieren, was und wo und wie das Reich Gottes ist. Doch Markus zeigt es lieber praktisch: Das Reich Gottes ist da, wo der Wille Gottes geschieht, der von Anbeginn der Schöpfung »Leben« will. Deshalb ist die erste Tat Jesu die »Heilung von einem unreinen Geist« – von einer lebensfeindlichen, gottwidrigen Macht. So unterstreicht Markus, dass das Reich Gottes in der Person Jesu förmlich lebendig wird. Er handelt mit göttlicher Autorität. Er ist der Heilige Gottes. Deshalb fürchtet der unreine Geist um seine Macht. Denn er – der Unheilige – begegnet dem Heiligen. Dabei kann er nur den Kürzeren ziehen. Er wird vertrieben. So macht Markus gleich zu Beginn seines Evangeliums deutlich: Das Reich Gottes ist keine abstrakte Größe. Es ist auch nicht irgendwo weit weg im Jenseits. Sondern es ist schon jetzt überall dort erfahrbar, wo die lebensfeindlichen Mächte zurückgedrängt werden und ihre Macht verlieren. Die Nähe des Reiches Gottes ist deshalb weniger »zeitlich« gemeint. So als würde es in naher Zukunft kommen. Es geht vielmehr um eine personale Nähe. In Jesus ist das Reich Gottes nahe und zwar wirkungsvoll. Deshalb braucht Jesus auch nicht allen möglichen Schnickschnack für die Dämonenaustreibung. Sein Wort genügt. Denn sein Wort ist nicht bloßes Gerede – ist kein Geschwätz und erst recht keine kurzlebige Sensationsmeldung. Es ist wirksam und triumphiert auch über die unreinen Geister. Bei ihm kommen Wort und Tat zusammen. Und gerade so erweist sich Jesus als der Bevollmächtigte Gottes. Deshalb verbreitet sich sein Ruf in der ganzen Gegend und durch alle Zeiten hindurch bis zu uns.
… auch heute Doch damit nicht genug. Denn das, was wir im Evangelium hören, ist kein historischer Bericht. Kein Geschehen von damals. Weil es bei der Nähe des Reiches Gottes um personale Nähe geht, ereignet es sich auch heute dort, wo Menschen mit Jesus in Berührung kommen und durch ihn und auf sein Wort hin von lebensfeindlichen Mächten befreit werden. Wenn das geschieht, mögen auch wir heute hin und her geworfen und gegebenenfalls zu einer grundlegenden Änderung der Lebenshaltung gerufen werden – »kehrt um«. Schließlich geht es um die Befreiung von gott- und lebensfeindlichen Mächten. Für uns ist das Evangelium keine neue Lehre. Es ist bekannt. Manchmal sogar viel zu vertraut, als dass uns der Text oder seine Auslegung noch vom Hocker reißen könnten. Und doch: Auch heute kann es passieren, dass eine schon oft gehörte Bibelstelle uns neu anspricht und fasziniert. Gut so. Denn nicht Jesus allein ist zur tatkräftigen Verkündigung des Reiches Gottes berufen. Jeder und jede von uns ist bevollmächtigt, das Evangelium so zu leben, dass andere ins Staunen geraten. Schließlich sind wir durch Taufe und Firmung mit dem Geist Gottes besiegelt und gerufen, das Evangelium wirksam in Wort und Tat zu bezeugen. Nicht, dass wir das in gleicher Weise könnten wie Jesus. Er ist einmalig. Doch er steht uns zur Seite, weil der Anspruch, zu heilen und dem Reich Gottes zur Wirksamkeit zu verhelfen, bleibt. Dazu braucht es keine großen, spektakulären Aktionen – schon gar nicht die großen Sprüche. Das Evangelium allein genügt. Was es freilich braucht, ist unser Überzeugtsein.
Zuerst Zuspruch, dann Anspruch Das mag wie ein großer und vielleicht sogar überfordernder Anspruch klingen. Doch so ist es nicht gemeint. Im Gegenteil: Es ist zuerst und vor allem ein Zuspruch. Denn das Evangelium gilt auch uns. Jeder und jede von uns darf sich zuerst durch Jesus von allem befreien lassen, was das Leben, so wie es Gott für uns will, behindert. Vielleicht muss ich dazu das Evangelium neu an mich heranlassen und vielleicht muss ich mich auch erst einmal von ihm durchschütteln und hin und her werfen lassen. Möglicherweise muss ich mich neu ausrichten und von manchem Liebgewordenen Abschied nehmen, das das Leben mehr hindert als fördert. Doch ich darf gewiss sein, dass Jesu Botschaft in die Freiheit führt. Wenn wir also Sonntag für Sonntag oder unter der Woche in den Heiligen Messen oder auch im eigenen Bibelstudium das Wort Gottes hören, sind wir eingeladen, von Neuem zu staunen und uns von dieser uns so vertrauten Lehre anrühren und befreien zu lassen. Sie war, ist und bleibt Evangelium – Frohe Botschaft – jeden Tag neu.
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Bernd Lutz |
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