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Die Schriftleitung
Leseprobe 1
Fünfzehnter Sonntag – 12. Juli 2009
II. Das Einfache in Liebe tun (Mk 6,7–13)

Zielsatz: Die Zuhörer sollen das Evangelium als Ermutigung zu einem »einfachen Christ Sein« erfahren, das in einer Konzentrierung auf das Wesentliche Lust macht zum Zeugnis für Christus.


Einfachere Seelsorge
In der Pastoraltheologie und ihren Anregungen für die Praxis vor Ort gibt es seit einiger Zeit das Modell »Einfachere Seelsorge«. Es will Antworten auf eine gewisse pastorale Rat- und Rastlosigkeit vieler Seelsorger und Seelsorgerinnen geben. Dabei will die verlockend klingende Formulierung kein Wundermittel gleich einer billigen Werbung sein oder denen, die sich in der Seelsorge redlich mühen, zynisch oder gar besserwisserisch sagen »Du hast einfach nicht den richtigen Dreh heraus«. Nein, die Absicht dieses Modells ist eine andere. Es will den Blick frei geben für das Wesentliche der Seelsorge. Im Rahmen eines Pfarrprojektes soll in einer einjährigen Übungszeit wieder neu der innersten Mitte des jeweiligen seelsorgerlichen Dienstes nachgegangen werden (siehe dazu auch www.einfachere-seelsorge.de). Es geht nicht um das beste Know-how, sondern um eine geistliche Erneuerung der Seelsorge.

Einfachere Seelsorge nach Jesus Christus
Von einem besonderen Know-how der zwölf Apostel schildert das Evangelium ja auch nichts. Im Gegenteil, außer einem Wanderstab, ihrem Hemd und an den Füßen nur Sandalen sollten die Jünger nichts mitnehmen. Das genügt auch, wenn der Herr sie aussendet und zwar jeweils zu zweit und mit der Vollmacht, unreine Geister auszutreiben. So einfach könnte also Seelsorge und hier im Besonderen die Verkündigung als ein Grundvollzug der kirchlichen Seelsorge, gehen. Könnte oder kann?
Damals aus der unmittelbaren Gemeinschaft mit Jesus, aus der Kraft seiner Sendung und der Begeisterung des Anfangs ja, aber heute? Unreine Geister austreiben bringt meist nur negative Schlagzeilen und macht vielen aufgeklärten Zeitgenossen die Kirche und ihre Praktiken suspekt. Wanderstab, Hemd und Sandalen wirken auf dem Hintergrund unserer gut ausgestatteten Ordinariate und Pfarrämter wie Requisiten von Krippen- und Passionsspielen. Kirche ist keine Wandermissionsbewegung mehr. Sie hat sich entwickelt und etabliert, nicht immer nur zu ihrem Vorteil, aber doch auch mit Möglichkeiten, die viel Gutes bewirken. Es scheint paradox, trotz so vieler Möglichkeiten gibt es häufig die Erfahrung von Misserfolg, Resignation und Leere. Wann wurde je in der Geschichte der Kirche so viel, so unterschiedliche und auch vielfach so qualitative Seelsorge betrieben wie in den letzten Jahrzehnten und jetzt?

Einfach Christ sein
Ein Witz erzählt: »Wo fangen die Leute zum Bauen eines Schiffes an? – In der Mitte, weil sie sich vorne und hinten nicht auskennen.« Auf die kirchliche Seelsorge übertragen könnte das positiv gedeutet heißen: Wir sind gut beraten, dass wir in der Mitte wieder anfangen, wenn wir uns vorne und hinten nicht mehr auskennen oder den Eindruck haben, dass nichts mehr geht. Dass für einen Christen Christus selbst die Mitte ist, das ist klar. Vielleicht oft zu klar und selbstverständlich, so dass es – schlimmer noch: ER – dennoch manchmal vergessen wird. Von dieser Mitte her könnte unser Modell auch heißen »Einfach Christ sein« als Konzentrierung auf ihn und als Vermittlung seiner Botschaft, die ihn und den Menschen im Blick hat. Der Blick für das Wesentliche, nämlich der Blick auf Christus ist oft getrübt und verstellt. Verlautbarungen und Vorschriften scheinen oft wichtiger als das Evangelium selbst. Strukturdebatten und Ämterfragen stehen in der Gefahr, nur noch den Apparat Kirche zu stützen, dem Geist aber keinen Raum mehr zu lassen. »Einfach Christ sein« verkommt dann manchmal auch zu der Aufteilung, dass einige wenige die Richtung vorgeben und die anderen einfach mitgehen sollen. So einfach geht das aber heute nicht mehr und eine Simplifizierung des christlichen Glaubens, der etwas für Naive wäre, kann schon gar nicht damit gemeint sein. Drei Gedanken möchte ich deshalb »einfach« anbieten:

Anhänger des neuen Weges
Die ersten Christen wurden nicht von Anfang an als solche bezeichnet, sondern als »Anhänger des neuen Weges« (Apg 9,2). Mit Christus hat etwas Neues begonnen. »Hier wird mit Vollmacht eine ganz neue Lehre verkündet« (Mk 1,27), sagen die Menschen in der Synagoge von Kafarnaum staunend über Jesus. Sie waren betroffen von seiner Lehre, die ganz anders war als die der Schriftgelehrten. Göttliche Vollmacht erahnten sie aus seinen Worten und der Heilung eines von einem unreinen Geist besessenen Mannes. Christus und seine Botschaft altern nicht. Sein Wort hat zu jeder Zeit Menschen angesprochen und bewegt. Trauen wir der göttlichen Vollmacht seines Wortes, wenn wir das Evangelium für unser eigenes Leben hören und im Leben als Christen dem Evangelium dienen? Auch wenn Menschen es aufgeschrieben haben und es verkünden, es ist Gottes Wort. Kraftvoll und lebendig. Einfachere Seelsorge und Einfach Christ sein könnte darum heißen, sich selbst und anderes nicht zwischen das Evangelium und die Menschen stellen, sondern es auf den Weg und zu den Menschen bringen und darauf vertrauen, dass es für jede Zeit aktuell bleibt.

Schlechte Erfahrungen oder gute Erwartungen?

Ein zweites scheint mir wichtig: »Christen sind Menschen, die sich nicht von ihren schlechten Erfahrungen, sondern von ihren guten Erwartungen leiten lassen«, hat Ernst Lange einmal formuliert. Schlechte Erfahrungen gerade auch innerhalb der Kirche gibt es immer wieder und das auf beiden Seiten, Seelsorger mit ihren Gemeinden und Gemeinden mit ihren Seelsorgern. Das weiß auch Jesus, wenn er seine Jünger aussendet: »Wenn man euch aber in einem Ort nicht aufnimmt und euch nicht hören will, dann geht weiter und schüttelt den Staub von euren Füßen, zum Zeugnis gegen sie.« (Mk 6,11) Wie lange rätseln oft Seelsorgeteams darüber, warum dieses oder jenes nicht so angekommen ist, wie man eigentlich zu erwarten hoffte, und vergessen darüber das, was gut geht? Wie quälen sich oft Großeltern, weil die Kinder oder Enkelkinder nicht mehr zur Kirche gehen, obwohl sie ihnen doch alles gut vorlebten und verlieren darüber die Freude am Glauben?
Sich von den guten Erwartungen leiten zu lassen, kann helfen, die schlechten Erfahrungen in das größere Ganze einzuordnen und gelassener damit umzugehen. Gott hat in Christus die Fülle der Zeit schon heraufgeführt, um alles, was im Himmel und auf Erden ist, in ihm zu vereinen. (vgl. Eph 1,10) Mit allem Segen seines Geistes gesegnet dürfen wir aus dieser Fülle schöpfen und sollen diese weitergeben.

Authentisches Christ sein
Und das Dritte, was ein einfaches Christsein ausmacht, haben wir heute schon zu Beginn des Gottesdienstes von Gott selbst erbeten: »Gib allen, die sich Christen nennen, die Kraft zu meiden, was diesem Namen widerspricht, und zu tun, was unserem Glauben entspricht.« (Tagesgebet) Nun mag manchen der christliche Glaube komplex und schwierig erscheinen, aber es geht letztlich immer wieder und immer nur um das eine Große: Du sollst Gott lieben und deinen Nächsten wie dich selbst. Das entspricht unserem Glauben. Wann immer Christen das besonders ernst genommen haben und gut in ihrem Leben verwirklichten, ist Christus selbst erfahrbar geworden, kam sein Evangelium zum Leuchten. Einfach, aber echt und somit auch glaubwürdig und überzeugend.

Das Einfache besonders gut tun
Seit einigen Jahren klingt immer noch ein Satz von einem Mitbruder in mir nach, der einmal über die Begleitung Sterbender Folgendes sagte: »Auf dem einsamen Weg in unsere Weite gibt es nichts Besonderes zu tun. Aber das, was wir tun, sollten wir besonders tun: unserem Herzen aufmerksam und in Liebe folgend.« (Pfr. Thomas Schwaiger, München) Das gilt auch für eine einfachere Seelsorge und ein einfaches Christ sein. Es braucht nicht viel und es muss nicht immer etwas Besonderes aufgeboten werden, aber das, was wir tun und wie wir als Christen leben, das sollten wir besonders tun, unserem Herzen aufmerksam und in Liebe folgend. Oder einfach auch: unserem Herrn aufmerksam und in Liebe folgend.

Thomas Vogl

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