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Leseprobe 2
21. Sonntag im Jahreskreis
III. Lesepredigt: Torschlusspanik? (Lk 13,22–30)
Torschlusspanik – ob dieser Begriff wohl von unserem heutigen Tagesevangelium nach Lukas herrührt? »Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen …« Und: »Wenn der Herr des Hauses aufsteht und die Tür verschließt und ihr draußen steht …« – Torschlusspanik: Man sieht dabei zu, wie sich vor einem das Rettungsboot unaufhaltsam füllt, während man selbst immer noch an der Reling des sinkenden Schiffes steht. Eine schreckliche Vorstellung!

Torschlusspanik im Lukasevangelium: »Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden?« Eine bange Frage, offensichtlich gestellt von einem, der sich nach Rettung sehnt. Nach Rettung im großen Stil. Im ganz großen Stil: Rettung des Lebens jenseits der Todesgrenze. Darunter geht es nicht – weder im Evangelium nach Lukas noch in den anderen uns bekannten Evangelien. Die Evangelien sprechen immer die ganze Existenz des Menschen an. Hier wird gleichsam der Himmel bestürmt – im Ringen um das, was den Menschen gerade noch rettet, bevor es ihn in den Abgrund reißt!

Das Lukasevangelium spricht viel von Rettung – besonders dramatisch an seinem Ende. Auf Jesus bezogen – jenen Herrn, von dem man eine Antwort auf die Frage erhoffte: »Sind es nur wenige, die gerettet werden?« – heißt es angesichts seiner furchtbaren Kreuzigung: »Andere hat er gerettet, nun soll er sich selbst retten, wenn er der Christus Gottes ist, der Erwählte.« (Lk 23,35b) Doch dieser Jesus am Kreuz hatte längst den Rettungsweg beschrieben. Denn bei wie vielen seiner spektakulären Heilungen hatte er doch den Geheilten zugerufen: »Dein Glaube hat dich gerettet!« (z. B. Lk 7,50) Und dieser Rettungsweg würde jetzt auch sein Rettungsweg sein.

Also der Glaube, der rettet! Wer über die Kreuzigungsszene hinauskommt und sich ganz bis ans Ende des Lukasevangeliums durchringt, wird der Auferstehung des Gekreuzigten gewahr. Ja, man wagt es kaum zu glauben – wie jene beiden Jünger auf dem Weg von Jerusalem nach Emmaus, voller Trauer über das Ende ihrer Geschichte mit diesem Jesus, der doch der Retter aus allerNot hätte sein sollen! Und nun seine Rettung selbst durch keinen anderen als Gott!

Wagt man es zu glauben? Diese Frage scheint unser Tagesevangelium provozieren zu wollen. Denn es liefert uns keine Sicherheit, sondern lässt die Frage nach Rettung unangenehm in der Schwebe – nimmt das unangenehme Gefühl der Torschlusspanik nicht weg. Der so nach Rettung gefragte Jesus gibt keine klare Auskunft, wer zu den Geretteten gehört, wer sich also jenseits der Todesgrenze im Reich Gottes wiederfindet – in der kommenden Welt, die im Judentum der Messias bringen soll und die gerne als ein großes Festessen vorgestellt wird. Jesus spekuliert vielmehr: Es dürften gewiss die jüdischen Stammväter Abraham, Isaak und Jakob und alle Propheten Israels dabei sein und dann – sehr global – Menschen aus allen Himmelsrichtungen – manche Letzte und keineswegs die Ersten, die von sich überzeugt sein mögen, dass sie gewiss an den Tisch der kommenden Welt gehören.

Hört man auf Jesus, ist Rettung nicht billig zu haben: »Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen; denn viele, sage ich euch, werden versuchen hineinzukommen, aber es wird ihnen nicht gelingen.« Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer sprach zu seiner Zeit von »billiger Gnade«. Sie gaukle den Menschen vor, die Rechnung des Lebens wäre schon im Voraus bezahlt, weil man durch bestimmte Glaubenspraktiken die Gnade Gottes »sichern« könne. Bonhoeffer setzt die »teure Gnade« dagegen. Sie bedeutet Nachfolge Jesu – konkretes Tun, ständiges Kämpfen und Ringen um den richtigen Weg im Leben, aber mit der inneren Gewissheit des Glaubens an die Macht des rettenden Gottes. Der Glaube an die Rettung durch Gott trägt immer den Impuls in sich, schon im Hier und Jetzt rettend wirken zu können und dann auch zu müssen, zum Beispiel im gerechten und friedlichen Miteinander eines für alle auskömmlichen Lebens. Mit Jesus am Tisch zu sitzen, zu essen und zu trinken ist also kein bloßes Privileg, keine billige Eintrittskarte, die für später alle Türen öffnet. Jesu Mahlgemeinschaft ist vielmehr ein Vorausbild für die umfassende Rettung im Reich Gottes durch die rettende Teilhabe aller, die sonst nur an den Katzentischen dieser Welt säßen.

Was überwiegt am Ende des Evangeliums von heute? Das Gefühl der Torschlusspanik, die womöglich den Einsatz der Ellenbogen provoziert? Oder der Anspruch des Glaubens, der wie bei den beiden Jüngern von Emmaus Kräfte freisetzt – Kräfte des Lebens auch jetzt schon, da die totale Rettung durch Gott zwar noch aussteht, aber rettendes Handeln bereits hoffnungsfroh darauf vorausgreift? Jesus jedenfalls sagt: »Bemüht euch …«

Dirk Meyer

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