Liebe Bezieher*innen der Zeitschrift »Der Prediger und Katechet«,
es gibt viele Themen, die uns alle derzeit intensiv beschäftigen. Zuallererst aber natürlich der unsägliche Krieg in Europa mit all dem menschlichen Leid, welches dadurch verursacht wird. Lesen Sie weiter ...
»Der Prediger und Katechet« ist die älteste und auflagenstärkste Predigtzeitschrift im deutschsprachigen Raum.
Sie bietet homiletisch qualifizierte Hilfen für alle in der Verkündigung Stehenden: Priester, Pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit diesem Dienst beauftragte Laien.
Unsere aktuelle Ausgabe 6/2023
mit folgenden Beiträgen:
Wort an die Leser
Theresia Reischl
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
wieder ein Schreiben aus Rom, diesmal vom Leiter des Liturgiedikasteriums: Laien dürfen im Normalfall nicht in der Eucharistiefeier predigten, sondern können »an Gruppen des Schriftgesprächs teilnehmen, in denen die geweihten Amtsträger durch ihren Beitrag bereichert werden können«. Auch eine bessere theologische Vorbereitung oder Kommunikationsfähigkeit von Laien sind keine gültigen Kriterien, um ihnen deshalb die Homilie anzuvertrauen. – Im ersten Moment fällt mir dazu eine Postkarte ein, die an meinem Kühlschrank hängt: »Bevor ich mich darüber aufrege, ist es mir lieber wurscht.« Flapsig, ich weiß. Vielleicht auch unangemessen. Aber lohnt es, sich darüber aufzuregen? Soll man sich einfach darüber hinwegsetzen? Soll man resignieren und es einfach sein lassen, als Laie in der Eucharistiefeier zu predigen und lieber andere Orte suchen?
Wenn der Moment des Frustes, der Wut, des Trotzes und/oder der Resignation mal überwunden ist – Zeichen dafür, dass es einem eben noch nicht egal ist –, dann setzt das Nachdenken über andere Orte Kreativpotenzial frei. Verkündigung kann und muss heute auch an anderen Orten stattfinden, nicht nur in den Innenräumen der Kirchen, sondern dort, wo die Menschen sind. Auf Augenhöhe und im Dialog. Das sollte eigentlich nichts Neues sein, aber vielleicht müssen wir es wieder lernen, gerade angesichts der hohen Austrittszahlen, die uns anzeigen: Es ist nicht mehr »normal und selbstverständlich«, Christin oder Christ zu sein; die Menschen kommen nicht mehr »einfach so« zu uns.
Eine Frage ganz im Vertrauen: Wollen Sie heilig werden? Die Frage ist ernst gemeint. Am heutigen Fest liegt diese Frage doch in der Luft: Wollen auch Sie heilig werden?
Nicht wenige von uns dürften den bloßen Gedanken an ein heiligmäßiges Leben eher muffig und wenig reizvoll finden. Heilig werden? Ich? Nein, danke! Diese Abneigung ist nicht sehr verwunderlich. Sie rührt wohl daher, dass wir uns unter Heiligen gemeinhin immer das gleiche vorstellen: lautere Heldinnen und Helden, die zur Ehre der Altäre erhoben wurden, Kämpfer, Asketen und Märtyrer … Das schreckt ab. So wie wir sie kennen, können wir selbst doch nicht sein. Auf Brücken und Postamenten, Brunnen und Hausfassaden blicken sie auf uns herab. An ihre Frömmigkeit und Glaubensstärke, ihre radikale Nächstenliebe und ekstatische Gottesliebe komme ich doch nicht heran. Gegenüber ihren religiösen Höchstleistungen bin ich eher ein religiöser Breitensportler. Heilig werden und kein normaler Mensch mehr sein, das ist doch nichts für mich. Heilig werden? Echt jetzt?
»Sorgt euch um nichts«, schreibt Paulus, dabei sitzt er selbst wohl im Gefängnis, seine Freudinnen und Freunde haben große Angst um ihn, aber auch um ihre eigene Zukunft. Wie soll es weitergehen? Was sollen sie tun? »Sorgt euch um nichts«?! – Das geht doch gar nicht. Damals nicht und heute auch nicht. Es gibt ja auch genug, um das wir uns Sorgen machen können und müssen. Menschen, die krank sind. Gegenden dieser Welt, die unsicher sind, die im Chaos und im Krieg versinken. Menschen, die flüchten müssen und irgendwo Heimat brauchen – nur wo? Klimakatastrophen wie Waldbrände oder Überflutungen, die das Leben von Mensch und Tier und die Natur bedrohen. Sorgt euch um nichts?! – Dass ich nicht lache …
»Bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott«, schreibt Paulus weiter. Beten und Flehen als Lösungsmöglichkeiten? Das widerspricht uns Menschen, wir wollen doch etwas tun! – Aber vielleicht ist es genau das: Nicht etwas tun müssen, sondern es Gott anvertrauen. Loslassen und es mutig Gott überlassen. Vielleicht hat Paulus auch einen Psalm, ein altes Gebet, im Ohr und im Herzen bei diesem Vorschlag: »Wirf deine Sorgen auf den Herrn.« (Ps 55) Die Menschen haben das früher wörtlich verstanden: Sie haben ihre Sorgen, Nöte, ihre Bitten und Sehnsüchte aufgeschrieben, vielleicht auf eine Scherbe, und diese an einen heiligen Ort gebracht. Heute machen wir manchmal etwas Ähnliches, wenn wir in Fürbittbücher schreiben.