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Die Schriftleitung
Leseprobe 1
Fünfundzwanzigster Sonntag – 23. September 2007
IV. Lesepredigt: Klugheit und Reich Gottes (Lk 16,1–8)
Ein Schurkenstück im Evangelium? Eine Gaunerkomödie als Gleichnis? Alle Ausleger tun sich schwer mit dem Gleichnis vom klugen Verwalter und fragen nach seinem springenden Punkt. Wird da Betrug, Gerissenheit und Egoismus verherrlicht, wenn am Ende der Herr den Verwalter lobt? Das dürfte kaum der Fall sein, denn er bleibt im Urteil des Evangelisten der »unehrliche Verwalter«. Man muss also genau hinschauen und erkennt dann: Die Klugheit des Verwalters wird gelobt, sein überlegtes und dann entschlossenes Handeln in einer sehr eng gesetzten Frist. Die Klugheit also ist der springende Punkt des Gleichnisses, das kluge Handeln des Verwalters wird als Vorbild hingestellt: »Klug ist, wer vorsorgt in der Zeit der Not; klug ist, wer die Lage bedenkt und die Frist zu nutzen weiß« (Heinrich Kahlefeld). Nicht die Mittel und Wege, mit denen der Verwalter sein Ziel erreicht, werden gelobt, sondern allein seine Fähigkeit, kühl zu kalkulieren und entschlossen seine Zukunft nach dem Verlust des Amtes in die Hand zu nehmen.
Als nächste Frage stellt sich: Wo hat das Gleichnis seinen Platz in der Verkündigung Jesu und dann in der Urkirche?

Es gehört zu den Reich-Gottes-Gleichnissen Jesu; es will zeigen, wer zum Reich Gottes gehört und was es für Menschen braucht, um eine solche Gemeinschaft wie das Reich Gottes in kürzester Zeit, bevor der Herr wieder kommt, zu bauen und zu formen. Es geht also um das »Aufgenommen-Werden« ins Reich Gottes (Lk 16,4). Die Antwort des Gleichnisses lautet: Das Reich Gottes braucht Menschen mit solch schneller Entschlossenheit, mit solch kühlem Kalkül, mit klarem zielgerichteten Handeln, wie es der Verwalter praktiziert.
Dieses kühne Gleichnis passt gut zur Urverkündigung Jesu. Doch in den ersten christlichen Gemeinden wurde es schnell abgemildert und uminterpretiert: Das kluge Handeln mit Geld ist jetzt das Almosengeben, um himmlischen Lohn zu erhalten (Lk 16,9). Dem ursprünglichen Gleichnis ist so jede Brisanz genommen. Wir orientieren uns aber an ihm, wenn wir es jetzt für uns auslegen und anwenden.
Das Gleichnis ist zweifelsohne aus dem Alltag genommen und spricht in unseren Alltag hinein: Es gibt zunehmend solche Situationen unter uns wie im Gleichnis: Von heute auf morgen ist man vor schwierige Entscheidungen gestellt: Ein Arbeitsplatz geht verloren, ein Ortswechsel und Umzug ist erforderlich, bedrängende Alternativen stellen sich: Entweder einschneidende Kürzung und Veränderungen oder Verlust der Arbeitsstelle.

Das Gleichnis nennt ganz lebensnah die Schritte, die dann zu vollziehen sind: Ruhiges und klares Überlegen – Argumente des Für und Wider abwägen – Ideen entwickeln – nicht mehr lange zurückschauen oder das Missgeschick beklagen, sondern die Zukunft planen und das eigene Wohlergehen sichern.
So liefert das Gleichnis im Handeln des klugen Verwalters ein lebenspraktisches Beispiel, wie man solche kritischen Lebenssituationen ohne Panik meistern kann. Ist es auch ein religiöses Gleichnis? Hat es mit unserem Glauben und unserer Glaubenspraxis zu tun?
Da es von einer Krisensituation ausgeht, die Entscheidungen fordert und Glaube immer mit Entscheidungen zu tun hat, finden wir mühelos Anwendungsbereiche in Kirche und Gemeinden und im persönlichen Glaubensvollzug:
– Die personellen Engpässe in den Gemeinden könnten zur Entwicklung von neuen Modellen von Amt und Leitung in der Kirche führen.
– Nicht mehr tragende Glaubensvorstellungen und Frömmigkeitsformen sollten wir ohne Trauer verabschieden um neue, lebendigere Formen zu entwickeln.
– Der Statusverlust der Kirche, die sich heute mit anderen Lebensentwürfen und Religionen messen lassen muss, ist eine große Chance, um für neue, besser tragende Fundamente zu sorgen, die dem Auftrag Jesu näher sind.

Für uns bedeutet dies konkret:
– Einen persönlichen Glauben zu gewinnen, der sich vor der eigenen Vernunft rechtfertigen kann.
– Unsere Glaubenswurzeln in Schrift und Überlieferung neu zu entdecken, damit wir dem Gespräch mit den Religionen gewachsen sind.
– Die lebendige Glaubensgemeinschaft der Gemeinden zu intensivieren und neue Gemeindeformen zu entwickeln, die am Reich Gottes Maß nehmen.
Solche neuen Wege gilt es jetzt in Zeiten der Krise klug zu planen wie der kluge Verwalter des Gleichnisses und sie dann genauso entschlossen wie er in die Tat umzusetzen. So eröffnen wir der Kirche Zukunft, so bahnen wir dem Reich Gottes die Wege.

Theodor Seidl

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